Montag, 28. Mai 2012

MP3 Hörbücher als Beweis

für die Ferne der Verlage von technischem KnowHow.

Wie nur jeweils Eingeweihte wissen, muss man manche Dinge erst selbst erleben bevor man sie verstehen kann. Zum Beispiel muss man Computer einmal selbst bedient haben um sie zu verstehen. Oder man muss im Internet selbst aktiv gewesen sein um zu erfassen worum es sich dabei eigentlich handelt.

Das Hörbuch

Ein Hörbuch ist die Aufzeichnung einer Buchlesung. Besonders deutsche Verlage tun sich schwer damit, sich vorstellen zu können, dass jemand einfach ein Buch anhören will und mixen gern Musik in den Vortrag damit ihr Buch nicht zu langweilig wird. Wenn das Buch spannend genug ist, steht man solche Angriffe durch, man ist ja nicht zimperlich.

Über ein Jahrzehnt haben die Verlage das Medium Audio-CD verwendet um ihre Inhalte weiterzugeben. Niemand weiss genau was sie dazu veranlasst hat. Schon längst trägt niemand mehr ein CD-Abspielgerät am Gürtel. Gleichzeitig versuchen die gleichen Leute, die Privatkopie zu unterdrücken, obwohl diese die einzige Möglichkeit darstellt, den Inhalt eines Datenträgers in ein Hörbuchabspielgerät zu übertragen, für dass die GEMA ganz nebenbei nochmals Gebühren erhebt. Ohne Gegenleistung natürlich.

Kurz: Technische Inkompetenz verbunden mit Rücksichtslosigkeit und Pauschalverurteilung.

Das macht einen zum Freund seiner Kunden.

Das MP3-Hörbuch

Dort wo normale Firmen Informatiker beschäftigen müssen sich bei Verlagen leere Stühle befinden. Liest man ein MP3-Hörbuch von einer CD in ein Programm ein, mit dem man seine Hörbücher verwalten kann, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus! Hier nur ein paar Beispiele der Inkompetenz. (Es sind nicht immer alle Auswüchse gleichzeitig vorhanden)
  • Genre: "Speech", "Sprache" oder anderer Unsinn - hier steht generell Unsinn!
  • Alle Dateien haben den gleichen Titel
  • Keine Angabe von Titelnummer und Nummer des Datenträgers
  • Autorenfeld ist leer
  • Wichtige Angaben wie z.B: "Wer liest vor" fehlen
  • Kopiervermerk fehlt
  • Herstellungsjahr fehlt
  • Die Dateien sind wahllos getrennt statt sinnvoll organisiert
  • Keine Kapitelmarkierungen
  • Keine Kapitelnamen
  • ... viele andere Unterlassungen und teilweise Fehler wie "ue" statt "ü"
Kurz: Die MP3-Tags sind überwiegend leer und wenn ausgefüllt, dann schlecht.

Darüber hinaus werden oft Kapitel nicht angesagt, es gibt sogar Hörbücher in denen Kapitelgrenzen inmitten der Dateien liegen und nicht am Anfang der Dateien. Da müssten die Kunden die Bücher remastern. Was natürlich verboten ist!

Diese Erscheinungen deutet darauf hin, dass es in einem Hörbuchverlag niemanden gibt, der jemals ein Hörbuch auf einen Computer überspielt hat, geschweige denn in ein Abspielgerät. Diese Leute haben keine Vorstellung wie Abspielgeräte funktionieren, haben vielleicht noch nie eins bedient. Sie können es sich einfach nicht vorstellen weil ihnen die Erfahrung fehlt. Sie haben keins. Wieso?

Abspielgeräte würden Kapitelnamen anzeigen wenn es welche gäbe und sie merken sich die Abspielposition wenn man unterbrechen muss. Eine Datei je Kapitel wäre eine kundenfreundliche Struktur.

Die Dienstleistung der MP3-Konvertierung wird daraus schlussfolgernd offensichtlich von Billigfirmen nach der üblichen Billig-Billg-Mentalität der Verlage durchgeführt (wie auch Übersetzungen). Im Fall der MP3ifizierung von Hörbüchern von Leuten, die schon einmal einen Computer gesehen haben. Die Option "MP3 Tags ausfüllen" kauft der Verlag nie, darum haben diese Billigfirmen auch niemanden mehr, der weiss was ein MP3-Tag ist. Die Option steht nur noch im Bestellformular damit der Verlag das Gefühl entwickeln kann, etwas einsparen zu können. "Die Option, die nie einer bestellt."

Der Kunde, als Opfer solcher Rücksichtslosigkeit, kann das ja alles ausbügeln, z.B. in 182 Dateien das "ue" durch ein "ü" ersetzen während das Buch nur 27 Kapitel hat.

Allerdings

Wenn der Kunde selbst seine Hörbücher erst fertigstellen muss, sollten diese Dinger deutlich weniger Kosten. Denn dann handelt es sich nicht um Produkte sondern um "Bausätze".

Konsequenz

Kein Wunder, wenn Verlage panisch werden falls sie von einem Internet erfahren und hören, dass die meisten Menschen (ausser ihnen selbst) damit ihre Angelegenheiten regeln. Scheinbar ist der Weg zum Gesetzgeber für Verlage einfacher als der ins Internet.

Verlagen fällt darum nicht auf, dass sie sich mit ihren Kontrollforderungen gegen das Internet zum Werkzeug von Leuten machen lassen, die ganz genau wissen, was sie mit der Überwachung dann alles anstellen werden. Und mit denen sie, wenn sie verstünden worum es geht, nicht in einem Raum frühstücken würden.

Ich sehe nicht den Ansatz von Kundenfreundlichkeit an den Produkten von Hörbuchverlagen. Alles scheint eher husch-husch billig über die Bühne bugsiert zu werden. Die Qualität der angebotenen Produkte ist unter aller Sau. Nicht nur eine Zumutung für die Kunden sondern auch eine Beleidigung für die Vorleser, die oft sehr gute Arbeit leisten und Bücher regelrecht zum Leben erwecken.

Disclaimer

Ich weiss, dass es Verlage gibt, die sogar schon Internetpräsenzen haben. Die Ausführungen hier sind reine Spekulation - Induktion sozusagen, Mutmaßungen auf Basis von Beobachtungen. Und das Ergebnis jahrelanger Unzufriedenheit mit teueren, schlechten Produkten. Gestern musste ich drei von diesen Zumutungen in einen brauchbaren Zustand bringen und habe festgestellt, dass sich die Qualität in den letzten Jahren nicht im Ansatz verbessert hat.

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